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WONDERLAND.!

Ich saß unter einem Baum. Naja, das ist nicht ganz richtig. Ich saß unter einer Palme. Direkt hinter mir der dichte, dunkelgrüne Urwald. Direkt vor mir ein Wasserfall, der über riesige Klippen in einen kleinen, natürlichen See hinunterstürzte.
Grüne Dunkelheit hinter mir. Glitzernde Wassermassen vor mir. Strahlend blauer Himmel über mir, warmer weißer Sand unter mir. Ein Paradies. Mein Paradies. Denn ich war allein hier. Ganz allein. Der einzige Mensch. Nur ich. Niemand sonst. Ganz allein. Und so sollte es auch bleiben. Für immer. Niemand durfte mir mein Paradies wegnehmen. Niemand! Niemals! Es gehörte mir, mir allein. Meins. Nur meins.
Keiner außer mir hatte es jemals betreten, niemand hatte je einen Fuß auf mein Paradies gesetzt. Meine Insel. Meine kleine Südseeinsel.
Ich war zufällig darauf gestoßen. Beim Tauchen. Ich war ganz weit hinausgeschwommen. Und plötzlich war sie da. Patria. So hatte ich sie genannt. Vaterland. Mein Vaterland. Hier würde ich für immer bleiben, das hatte ich sofort gewusst. Hier war mein Zuhause. Hier war der Ort, an dem ich mich wohlfühlte. An dem ich den Rest meines Lebens verbringen wollte. Hier war es schön, hier fühlte ich mich frei. Frei wie ein Vogel. In meinem persönlichen Paradies.
Es war warm hier und sonnig. Ab und zu trafen einige Tropfen des kühlen Wassers mein Gesicht und brachten mir angenehme Kühlung. Der Stamm der schattenspendenden Palme war stark und fest in meinem Rücken, stützte mich ab und gab mir Schutz. Der Urwald hinter mir gab eine beeindruckende Geräuschkulisse zum Besten und der Sand, auf dem ich saß, war warm und weich.
Ich liebte mein Paradies. Meins. Ganz allein meins.
Ich hörte es hinter mir knistern und knacken. Jemand kam aus dem dichten Urwald hinter mir! Aber das durfte nicht sein! Ich war doch allein hier, ganz allein! Ich wandte mich um und sah eine Frau, oder ein junges Mädchen?, aus dem Dickicht treten. Ich starrte sie an. Sie war schön. Sehr schön. Ihre Haut war dunkel, ihre Augen und ihr Haar schwarz. Das Haar war lang und glänzend. Schön. Ich konnte den Blick kaum von ihr abwenden. Aber – ob sie schön war, oder nicht – sie musste verschwinden. Das hier war mein Paradies. Meins, meins, meins. Nicht etwa ihrs! Ich sah wieder zu ihr hin. Sie war wirklich unglaublich schön. Sie sah mich an. Mit ihren schwarzen Augen. Sie öffnete den Mund. Und sie sang. Und ihr Gesang war das Schönste, was ich jemals gehört hatte. Ich schloss die Augen und lauschte dem Gesang. Ich verstand die Sprache nicht, in der sie sang. Doch trotzdem berührte mich ihr Gesang tief im Inneren. Doch plötzlich verebbte der Gesang und wich großem Lärm. Lärm, den es auf meiner Insel nicht geben durfte. Lärm, der nach Autos klang. Und plötzlich war es nicht mehr warm und weich unter mir, war der Stamm der Palme schmaler und drückte hart und fest in meinen Rücken. Ich war ganz nass und kalt. Keine kleinen Tropfen erfrischten mehr mein heißes Gesicht, sondern es regnete in dicken Tropfen.
Ich öffnete die Augen. Und saß auf dem Boden einer Insel. Einer – Verkehrsinsel. Meine schöne Südseeinsel war verschwunden. Und vor mir stand keine singende exotische Schönheit mehr, sondern eine alte, hässliche Frau, die mich anlächelte, als ob sie dachte, ich wär’ bescheuert. Aber sie hielt mir eine Jacke hin. Eine weiße Jacke. Eine weiße Jacke, die hinten zuging. Eine Zwangsjacke. Plötzlich entsann ich mich, was ich in den letzten drei Tagen gemacht hatte: Ich saß seit drei Tagen hier auf dieser Verkehrsinsel, an ein Schild angelehnt, und hatte mich bisher geweigert, hier wegzugehen. Doch nun, da meine Südseeinsel verschwunden war, erkannte ich, dass ich mit der hässlichen Frau mitgehen sollte, wusste, dass mein Paradies nur ein Hirngespinst gewesen war.
Ich ließ mir auf- und in dir Jacke helfen. Ich stieg folgsam in das Auto ein, und fuhr mit den Menschen davon, die mich geholt hatten. Und als ich dann so aus dem Fenster sah, lächelte mir eine junge Frau mit dunkler Haut, schwarzen Haaren und Augen geheimnisvoll zu…

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