SIMPLE PLAN
Ihr Punk hat Melodie. Und es ist auch gar kein Punk mehr, was SIMPLE PLAN auf ihrem vierten Album „Simple Plan“ abliefern, sondern hochenergetische Rockmusik mit Powerdrive, breit angelegten Stadionchören und verdammt viel Phantasie. Weniger denn je lassen sich SIMPLE PLAN auf eine Formel reduzieren, das einzige, was zählt, ist Spaß an Gitarrensounds, Melodie und Power, Power, Power. Immerhin ist genau dies das Rezept, das dafür gesorgt hat, dass SIMPLE PLAN auch in Deutschland keine Unbekannten sind. Ihr Album Still Not Gettin’ Any... knallte so heftig in die junge Punkrockszene, dass auch Bravo, Yam und Popcorn nicht umhin kamen, dem kanadischen Quintett große Artikel zu widmen. Bravo organisierte sogar kurzerhand eine Clubtour, um die Jungs nach Deutschland zu holen. Dem Album war der Platz 16 in den deutschen Charts jedenfalls sicher, und der Einstieg der Single Shut Up in den Top-30 ebenfalls. Und nun also „Simple Plan“ .
Wenn eine Band ihr drittes Studioalbum (MTV Hardrock Live war ein Live-Mitschnitt) einfach nach sich selbst benennt, dann ist das ein Statement. Ein selbstbewusstes „Hier sind wir“ einer Band, die sich gefunden hat und nichts mehr beweisen muss. Dementsprechend souverän präsentiert sich das Songwriting auf „Simple Plan“, das seinen perfekten Sound von Dave Fortman (Evanescence), Nate „Danja“ Hills (Justin Timberlake), Max Martin (Kelly Clarkson, Pink) und Chris Lord-Alge (Green Day, Billy Talent) verpasst bekommen hat.
„Simple Plan“ besteht aus elf Songs, die unverkennbar SIMPLE PLAN sind, aber trotzdem anders klingen, als alles, was sie bisher getan haben. When I’m Gone, der wie ein Reggae beginnt und dann zu einer Pophymne mit Euphorie-Refrain und Synthesizer-Loops wird. Take My Hand zeigt die Jungs im berstenden Skatepunk, bis The End sogar mit elektronischen Sounds, Dance-Groove und R&B-Seitenhieben überrascht. Auch eine Ballade darf natürlich nicht fehlen, und die kommt in Form des herzzerreißenden Save You, mit Klavier, akustischer Gitarre und einem Refrain, der die Sonne aufgehen lässt. Weitere Highlights: die Bombast-Hymne Generation mit ihren HipHop-Anleihen, die zweite, beinahe britpoppige Ballade I Can Wait Forever, Holding On, das wie eine gelungene Weiterentwicklung von Linkin Park und U2 klingt, und der Schlusstrack What If, der mit einem Streicher-Intro beginnt und dann zu einer zügigen Stadionnummer wird.
„Ich glaube, wir alle hatten das Gefühl, dass wir etwas mutiger werden sollten,“ erklärt Frontmann Pierre Bouvier. „Wir wollten versuchen ein Album zu machen, das einen größeren Eindruck hinterlässt.“ Und Drummer Chuck Comeau ergänzt: „Uns wurde klar, dass wir ein paar Sachen in Bewegung bringen mussten und unsere Chancen nutzen müssen. Etwas zu tun, was zwar aus uns kommt, aber auch eine Herausforderung für uns sein könnte.“
SIMPLE PLAN können auf mittlerweile 7 Millionen weltweit verkaufte Exemplare ihrer Alben zurückblicken, waren mit Green Day, Good Charlotte, Billy Talent, Avril Lavigne, The Used und vielen anderen auf Tour, wurden vier Jahre in Folge zur „Favorite Canadian Band“ gewählt und mit einer Nominierung für den MTV Video Award und einem kanadischen Echo, dem Juno Fan Choice Award, bedacht. In Deutschland locken sie bis zu 3.000 Fans zu jedem Auftritt und spielen alle großen Festivals wie Rock am Ring und ähnliche.
Schon Mitte der Neunziger, mit 13 Jahren, gründeten Chuck und Pierre in ihrer Heimatstadt Montreal eine erste gemeinsame Band, aber erst 1999 formierten sich SIMPLE PLAN in ihrer heutigen Besetzung. 2003 erschien ihr erstes Album No Pads, No Helmets, Just Balls, an dem unter anderem auch Joel Madden (Good Charlotte) und Mark Hoppus (Blink 182) als Gäste mitwirkten. Das Album erreichte Doppelplatin in Kanada. 2004 hatten sie ihr zweites Album Still Not Getting Any... fertig, das sie mit Producerlegende Bob Rock (Metallica, Mötley Crüe, Bon Jovi) aufnahmen und das Platin erreichte. Ende 2005 erschien dann das Live Album MTV Hard Rock, das die Band in hervorragender Live-Verfassung zeigte: hart, spielfreudig, gutgelaunt und absolut Fan-nah. Parallel zur Live-CD erstellte die Band dazu ein „Fan Pack“ DVD, das neben einem 36-seitigen Luxus-Booklet auch einen Haufen Archivfotos von den früheren Touren enthält.
Die Arbeit an „Simple Plan“ begann im Frühjahr 2006, kurz nach der Beendigung der Tourneen zu Still Not Getting Any. Die Erwartungen forderten schnelles Songwriting und dass man möglichst schnell ins Studio ging, um den Nachfolger aufzunehmen. Bouvier und Comeau begannen wie die Teufel Songs zu schreiben, und als es Herbst wurde, hatten sie eine ansehnliche Sammlung an Songs beisammen. Aber irgendetwas stimmte einfach nicht. „Jeder sagte, ‚ja, das ist gut, das ist cool’, aber es fiel überhaupt nicht aus dem Rahmen, es wirkte weder anders noch frisch,“ denkt Comeau zurück. „Wir konnten das fühlen. Wir hatten starke Songs, aber sie gingen nicht wirklich in die Richtung, in die wir wollten.“
Also fing die Band an, über alles noch einmal nachzudenken. Zuerst kontaktierten sie Producer Danja, der bei Timbaland in die Schule gegangen war und mit Justin Timberlake und Nelly Furtado brillante Alben auf die Beine gestellt hatte – und der kurz zuvor öffentlich geäußert hatte, dass er gern mal mit SIMPLE PLAN zusammen arbeiten würde. Mit ihm ging es im April 07 zum ersten Mal nach Miami ins Studio, wo die Vorstellungen Gestalt annahmen. „Wir hatten eine Vision von modernen Beats in den Strophen und unseren typischen, großen Arschtritt-Sound in den Refrains,“ erklärt Comeau – unter anderem entstand The End bei dieser Session. Dann ging es erstmal nach San Diego, wo Bouvier und Cameau ihren alten Kumpel Arnold Lanni trafen. Lanni hatte bereits das Debütalbum produziert und erwies sich als perfekter Kompositionspartner. Beim nächsten Trip nach Miami war Lanni dabei, und so entstanden When I’m Gone und Generation. Mit dem Demo in der Tasche fuhren Bouvier und Cameau dann zurück nach Montreal, um es dem Rest der Band vorzustellen. „Am Anfang waren wir ein bisschen überrascht,“ räumt Gitarrist Lefebvre ein. „Aber es war okay. Wir spürten, dass das, was da passierte über ein normales Rockalbum hinausgeht. Es inspirierte uns, und so kam jeder von uns mit ganz neuen Ideen.“
Im Juni 2007 waren SIMPLE PLAN dann soweit, endgültig ins Studio zu gehen. Dave Fortman wurde engagiert, um alle neuen Einflüsse zum SIMPLE PLAN-Sound in Los Angeles und Montreal zusammen zu schmieden. „Fortman war begeistert von unseren neuen Einflüssen und dem Hybrid, der da entstand. Und für uns war es wichtig, einen Rock-Producer zu haben, der unsere Vorstellungen auch hier umsetzen konnte. Das Album ist eine Zusammenarbeit von Danja, Fortman und der Band“, so Bouvier.
Die so gewonnene musikalische Freiheit inspirierte Bouvier und Comeau auch zu einer ganzen Reihe von Texten, die mehr auf den Punkt und provokanter sind als je zuvor. Save You handelt vom Kampf Bouviers Bruder gegen den Krebs, What If ist eine Art Essay über Veränderung und Verbesserung der Welt, das von der TV-Show „Heroes“ inspiriert wurde, während I Can’t Wait Forever ein unkonventioneller Lovesong über Bouviers derzeitige Liebesbeziehung ist. Die übrigen Songs drehen sich um dunkle und teilweise bitteren romantischen Tumult. „Wenn Leute mich nach unserem Sound fragen, dann sage ich immer, es handele sich um wütende, negative und depressive Texte mit fröhlicher, poppiger Musik. Das war bei uns schon immer so.“
Unter diesen Vorzeichen ist „Simple Plan“ durchaus auch der beste Titel für das Album. Bouvier: „Es repräsentiert uns in unserer Vielfalt. Und an diesem Punkt unserer Karriere, mit zwei Alben Rücken, die gut gelaufen sind, sind wir selbstbewusst genug, um das dritte Album einfach nach uns selbst zu benennen“.
Mit „Simple Plan“ wird nun niemand mehr um die sympathischen Jungs aus Montreal herumkommen. Die Songs sind erstklassig durchkomponiert, das Verhältnis von Gefühl und hartem Sound ist perfekt ausgewogen und die Melodien fordern zum Mitgehen auf. Hier sind SIMPLE PLAN!