login   anmelden   
 
Ja   nein   

Delphine de Vigan: No et moi

This book is full of emotions. I can't describe the feeling I had when I read page for page.
I haven't ever seen the movie but this is going to change :)

Sie schlafen in den kalten Gängen der Pariser Metro und auf fleckigen Matratzen unter den Brücken der Seine. Die „Clochards“ gehören in Paris zum Straßenbild wie der Franzose mit dem vermeintlichen Baguette oder die vielen Straßencafés. Zwischen 100 000 bis 300 000 Obdachlose gibt es landesweit, so verschiedene Schätzungen. „Darunter sind immer mehr junge Frauen mit ihren Kindern“, hat die französische Autorin Delphine de Vigan beobachtet und darüber einen ergreifenden Roman geschrieben.

No ist 18, sieht aber aus wie 13. Von der Mutter verstoßen landete sie nach mehreren Aufenthalten in Pflegefamilien und Internaten irgendwann auf der Straße. Seitdem zieht sie den ganzen Tag durch Paris auf der Suche nach Essen und einem warmen Ort für die kommende Nacht. Sie hat ihren Platz in der Gesellschaft verloren und ahnt, dass sie aus diesem Teufelskreis nie herauskommen wird. Das ändert sich zunächst, als sie Lou kennenlernt. Die 13-jährige hochbegabte Schülerin arbeitet an einem Referat über Obdachlose. Sie glaubt, dass man die Dinge ändern kann, wenn man es nur wirklich will. Schnell setzt sie sich in den Kopf, No zu retten.

Eine Zeit lang scheint es gut zu gehen. Lous Eltern nehmen No bei sich auf, sie findet eine Arbeit in einem Hotel. Lou und No freunden sich mit Lucas an – einem Traumtypen aus der Schule. „Aus verschiedenen Gründen sind alle drei sich selbst überlassen, in einer Welt, die sie nicht verstehen“, erläutert Vigan. No wird schließlich von ihrer Vergangenheit eingeholt; das Buch endet nicht gut. „No und ich“ ist ein Buch über die Entzauberung. Und wie wir dadurch erwachsen werden. Gleichzeitig möchte ich bei uns Erwachsenen die Frage provozieren ‚Wo sind eigentlich unsere Träume, unsere Ideale geblieben und woran glauben wir noch’?“

„Es sind keine Stadtstreicherinnen“, sagt No einmal. „Keine Durchgeknallten (...). Es sind normale Frauen, die ihre Arbeit verloren haben oder von zu Hause geflohen sind, die man verprügelt oder vertrieben hat und die in Notunterkünften oder in ihrem Auto leben....“. Obdachlose Frauen verhalten sich anders als Männer, sagt Vigan. Viele schämen sich, versuchen erst einmal bei Freunden unterzukommen und stehen jeden Tag Schlange, um ihre Familie zu ernähren.

Vigan hat die Sprache der Jugendlichen gut getroffen. Vor allem aber sind es die eindringlichen Schilderungen des Straßenlebens, die den Leser nicht loslassen. No lächelt selten. Manchmal erzählt sie von der Angst, der Kälte, dem Umherirren, der Gewalt. Von dem Hin- und Herfahren mit der Metro um die Zeit totzuschlagen, von den Stunden, die sie in Cafés vor einer leeren Tasse zubringt, von den Waschsalons, wo es warm ist, den Tagesheimen, den Bahnhöfen, den öffentlichen Parks – und von der Angst vor der Nacht.

Für Vigan ist „No und ich“ in Frankreich der schriftstellerische Durchbruch. Sie sei nicht politisch, sagt die 42-Jährige, ihr Engagement sei ein sehr persönliches. Sie glaube nicht, dass Bücher die Welt verändern können. „Die Dinge sind, wie sie sind. Die Welt ist stärker als wir“, heißt es an einer Stelle des Buches.


Vigan: „Aber vielleicht kann sich die Sichtweise von Menschen ändern. Mir haben schon viele Leser gesagt, sie würden die Obdachlosen unter Brücken, Straßen oder Hauseingängen jetzt mit etwas anderen Augen sehen. Und das ist doch schon sehr viel.“

Homepage Erstellung und Pflege: Superweb Homepage-Erstellung