„Ring, ring“. Die Türglocke eines Hauses in Finjandia leutet und ein 16-jähriges Mädchen mit langen roten Haaren reißt die Tür auf.
„Morgen, Kay!“, ein Strahlen huscht ihr über das Gesicht. „Komm, wir sind schon zu spät!“ Sie packt ihn am Arm und zieht ihn wieder in die kühle Morgenluft hinaus.
Über Kay und Cimberlée erhellen die Polarlichter das morgendliche Gedrängel am Rand der Hauptstadt Oraja.
„Geige ist toll!“, Cimberlée zieht aufgebracht eine Schnute. „Was kann ich dafür, dass du in Musik so eine Niete bist“, neckt sie ihn lächelnd.
„Wenn du so weiter machst, hol ich dich früh nicht mehr ab“, und schaut sie herausfordernd an.
„Oh nö…“, antwortet sie erschrocken. Einige Straßen weiter, in denen sich die Zwei nur angeschwiegen haben, versucht Cimberlée es mit beruhigenden Worten noch einmal: „Ich will doch in das „Orchestre-Durée“. Das weißt du doch, oder?“ Sie erhält keine Antwort und redet munter weiter: „Ja, und um da hinzukommen kann ich keine Geigenstunde verpassen. Man muss nämlich üben, üben und nochmals üben, um den Anforderungen des „Orchestre-durée“ zu entsprechen. Und das ist gar nicht so leicht, denn ich muss fast perfekt sein, um die Aufnahmeprüfung zu bestehen.“
Kay lässt trotzdem nicht locker und kontert: „Ich dachte, du nimmst Einzelstunden? Die kannst du dir doch legen, wie du willst, oder?“
Cimberlée lenkt ein: „Ja schon, aber hab ich dir das nicht schon zehn Mal erklärt?“
„Na, wahrscheinlich nicht, sonst würde ich ja nicht nachfragen“, antwortet Kay leicht ironisch.
„Also, das „Orchestre-durée“ ist das Eliteorchester in Finjandia, welches immer musiziert, um die Menschen glücklich zu machen, aber hauptsächlich ist es das einzige Orchester, aus dessen Melodien man Energie gewinnen kann. Die Instrumente des Orchestre-durée sind einzigartig und aus unter anderem aus den Schuppen der Drachen gefertigt, die es ermöglichen die Melodien mit Geräten abzufangen, um Energie zu gewinnen. Hast du sie schon einmal spielen hören?“, fragt sie fasziniert, „es ist als würde man in ein Traumland schweben. Einfach himmlisch.“ Sie strahlt ihn an und ihre braunen Augen glänzen nur so bei dem Gedanken an das „Orchestre-durée“.
Aber Kay dreht sich anstelle von Ehrfurcht nur spöttisch weg. Er versteht schon Cimberlées Meinung, dass die Lieder gut klingen und dass es für die Gewinnung von Strom im Land Finjandia unverzichtbar ist, das Orchester zu haben. Dennoch kann Kay die Musik des Orchestre-durée nicht auf sich beziehen. Er ist völlig unmusikalisch und jede Musikstunde ist ein Grauen für ihn. Daher hat er sich eher auf die Naturwissenschaft gelegt.
„Wir haben noch zwanzig Minuten. Also, reg dich bitte ab!“, entgegnete Kay völlig gelassen.
„Nein, wir müssen uns beeilen! Ich muss noch vor Stundenbeginn meine nächsten Geigenstunden klären“, antwortete sie ganz aufgeregt.
„Du und deine Geige…“, er verdreht die Augen, „gibt es auch mal einen Tag, wo du nicht daran denkst?“