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24.11
Gästebuch
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Ein ungeborenes Zwillingspärchen unterhält sich im Bauch seiner Mutter. "Sag mal, glaubst Du eigentlich an ein Leben nach der Geburt?" fragt der eine Zwilling.
"Ja, auf jeden Fall! Hier drinnen wachsen wir und werden stark für das, was draussen kommen wird", antwortet der andere.
"Ich glaube, das ist Blödsinn!", sagt der erste. "Es kann kein Leben nach der Geburt geben; wie soll das denn bitteschön aussehen?"
"So ganz genau weiß ich das auch nicht. Aber es wird sicher viel heller als hier sein. Und vielleicht werden wir mit unseren Beinen herumlaufen und mit dem Mund essen."
"So einen Unsinn habe ich ja noch nie gehört! Mit dem Mund essen, was für eine verrückte Idee. Es gibt doch die Nabelschnur, die uns ernährt. Und wie willst Du herumlaufen? Dafür ist doch die Nabelschnur viel zu kurz!"
"Doch, es geht ganz bestimmt! Es wird eben alles ein bisschen anders."
"Du spinnst! Es ist doch noch nie einer zurückgekommen von nach der Geburt! Mit der Geburt ist das Leben zu Ende! Punktum."
"Ich gebe ja zu, dass keiner weiß, wie das Leben nach der Geburt aussehen wird. Aber ich weiß, dass wir dann unsere Mutter sehen werden, und sie wird für uns sorgen."
"Mutter??? Du glaubst doch wohl nicht an eine Mutter? Wo ist sie denn bitte?"
"Na hier! Überall um uns herum. Wir sind und leben in ihr und durch sie. Ohne sie könnten wir gar nicht sein!"
"Quatsch! Von einer Mutter habe ich nie etwas bemerkt. Also gibt es sie auch nicht!"
"Doch, manchmal, wenn wir ganz still sind, kannst Du sie singen hören. Oder spüren, wenn sie unsere Welt streichelt!"
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Tagebuch eines Ungeborenen Babys
5. OKTOBER:
Heute begann mein Leben. Meine Eltern wissen es noch nicht, aber ich bin schon da.
Ich bin noch kleiner als ein Apfelkern, aber schon unverwechelbar. Ich werde ein
Mädchen sein - mit blondem Haar und blauen Augen. Alle meine Anlagen sind schon
festgelegt, auch dass ich eine Schwäche für Blumen haben werde.
16. OKTOBER:
Ein bisschen grösser bin ich schon geworden. Mutter tut alles für mich. Ihr Blut
lässt mich wachsen. Dabei weiss sie immer noch nicht, dass es mich gibt.
19. OKTOBER:
Wer behauptet eigentlich, dass ich noch keine richtige Person bin, sondern nur
ein Zellklumpen? Und ob ich`s bin! Genauso wie eine kleine Brotkrume eben Brot ist.
Meine Mutter existiert - Ich auch.
23. OKTOBER:
Jetzt öffnet sich schon mein Mund. Denke nur, in ungefähr einem Jahr werde ich
lachen und später sprechen. Ich weiss, was mein erstes Wort sein wird: MAMA, oder
vielleicht auch PAPA.
25. OKTOBER:
Mein Herz hat heute zu schlagen begonnen. Von jetzt an wird es für den Rest meines
Lebens schlagen, ohne jemals innezuhalten, etwa um auszuruhen. Und nach vielen
Jahren wird es einmal ermüden. Es wird stillstehen, und dann werde ich sterben.
Aber dieses Ende ist noch so weit, ich stehe ja erst am Anfang meines Lebens!
2. NOVEMBER:
Jeden Tag wachse ich etwas. Meine Arme und Beine nehmen Gestalt an. Aber es wird
noch lange dauern, bis ich mich auf diese kleinen Beine stellen und in die Arme
meiner Mutter laufen kann und bis ich mit diesen kleinen Armen Blumen pflücken
und meinen Vater umarmen kann.
12. NOVEMBER:
Jetzt lebe ich schon über einen Monat und jeden Tag werde ich grösser und grösser.
An meinen Händen bilden sich winzige Finger. Wie klein sie sind! Ich werde damit
einmal meiner Mutter übers Haar streichen können.
20. NOVEMBER:
Heute hat der Arzt meiner Mutter gesagt, dass es mich gibt und ich hier unter
ihrem Herzen lebe. O wie glücklich sie doch sein muss! Bist du glücklich, Mama?
Du musst noch warten, bis du mich in deinen Armen wiegen kannst.
25. NOVEMBER:
Mama und Papa denken sich jetzt wahrscheinlich einen Namen für mich aus. Aber sie
wissen ja gar nicht, dass ich ein kleines Mädchen bin. Ich möchte gern Susi oder
Maria heissen. Ach, ich bin schon so gross geworden!
29.NOVEMBER:
Ich freue mich schon auf den Tag, wenn ich in den Kindergarten und in die Schule
komme. Mama wird bestimmt mit mir zufrieden sein.
5.DEZEMBER:
Zwei Monate bin ich jetzt schon alt. Ich habe schon ein richtiges Gesicht.
Hoffentlich sehe ich einmal so aus wie meine Mutter.
10. DEZEMBER:
Mein Haar fängt an zu wachsen. Es ist weich und glänzt so schön. Was für Haare
die Mama wohl hat?
13. DEZEMBER:
Ich kann schon bald sehen. Es ist dunkel um mich herum. Wenn Mama mich zur Welt
bringt, werde ich lauter Sonnenschein und Blumen sehen. Aber am liebsten möchte
ich meine Mama sehen. Wie siehst du wohl aus, Mama?
17. DEZEMBER:
Ich habe schon 2 Geschwister, ich werde mich sicher gut mit ihnen verstehen.
24. DEZEMBER:
Ob Mama wohl die Flüstertöne meines Herzens hört? Manche Babies kommen etwas
kränklich zur Welt, da können liebe Ärzte helfen. Aber mein Herz ist stark und
gesund. Es schlägt so gleichmässig: bum-bum, bum-bum. Mama, du wirst eine gesunde
kleine Tochter haben!
26.DEZEMBER:
Vielleicht werde ich ja mal eine gute Tänzerin, oder eine gute Musikantin. Ich
werde meine Talente bald entdecken. Mama hilft mir bestimmt dabei.
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Kinderaugen
Ich bin ein Kind dieser Welt!
Ich bin schwach, Du bist stark!
Warum musst Du mir Deine Stärke zeigen?
Wie sollen meine Kinderaugen dies verstehen?
Du hast mich 9 Monate unter Deinem Herzen getragen!
Jeden Herzschlag von Dir - hab ich gespürt und aufgenommen!
Jeden Atemzug von Dir hab ich wahrgenommen!
Ich hab nach meiner Geburt, in Deinen Händen gelegen!
Wie können mir diese Hände heute wehtun?
Wie sollen meine Kinderaugen dies verstehen?
Ich suche heute mit meinen Kinderaugen nach etwas liebe - von Dir!
Warte auf ein liebes Wort - von Dir!
Warte auf einen Kuss - von Dir!
Würde so gerne einmal in Deinen Armen liegen!
Warum kommt nur Schmerz von Dir - zu mir?
Wie sollen meine Kinderaugen dies verstehen?
Ich suche verzweifelt nach einem Blick - von Dir!
Ich bin auch immer artig, dann kannst Du nicht mit mir schimpfen!
Ich sage auch kein böses Wort!
Warum werde ich schon wieder geschlagen?
Wie sollen meine Kinderaugen dies verstehen?
Mein Körper hat zwar flecken, doch hab ich Dich immer noch lieb!
Ich freue mich auch jetzt über jedes liebe Wort - von Dir!
Bitte sag mir einmal etwas Liebes, ich warte doch so darauf!
Warum muss ich so lange warten?
Wie sollen meine Kinderaugen dies verstehen?
Wenn ich auf der Straße gehe, schau ich auf den Boden, es soll ja keiner meine Tränen sehen!
Ich erzähle keinem etwas über Dich!
Wenn einer nach Dir fragt, sag ich immer, wie lieb ich Dich hab!
Warum kannst Du dies mir nicht auch einmal sagen?
Wie sollen meine Kinderaugen dies verstehen?
Ich möchte mit Dir Hand in Hand durch das Leben gehen!
Ich möchte von Dir lernen!
Ich möchte meine Erlebnisse mit Dir teilen!
Warum tust Du mir nur so weh?
Wie sollen meine Kinderaugen dies verstehen?
Ich sehe um mich herum, so viel Schönes, warum kann ich dies nicht erleben?
Ich sehe um mich herum, so viel Liebe, warum kann mir diese keiner geben?
Ich möchte doch nicht viel in diesem Leben!
Warum nur, kannst Du mir dies nicht geben?
Wie sollen meine Kinderaugen dies verstehen?
Heute bin ich an einem anderen Ort!
Einer Deiner Schläge war zu viel!
Mein Köper war zu schwach, ich kann jetzt nicht mehr bei Dir sein!
Warum stehst Du jetzt an meinem Grab und weinst?
Wie sollen meine Kinderaugen dies verstehen?
Du hast mir das Leben gegeben und Du hast es mir genommen!
Wir werden uns an einem anderen Ort wieder sehen!
Ich werde dort stehen und auf Dich warten, dann können wir Hand in Hand weitergehen!
Bis dahin hab ich Dich lieb, auch wenn viele dies nicht verstehen!
So wie Kinderaugen es sehen!
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