DER WUNSCH NACH PERFEKTION

„Ich bin voll fett geworden über Weihnachten, guckt mal meine Beine an.“, Mia drückte an dem nicht existierenden Fett ihrer Oberschenkel herum.
„Ne, du siehst ja noch voll gut aus! Mein Bauch sieht grade aus als wäre ich schwanger. Ich muss dringend wieder Sit Ups machen!“, seufzte Maria vorm Spiegel.
„Ihr seid ja wenigstens noch schön normalgroß. Ich bin viel zu groß für die meisten Kerle..“, beschwerte sich Karla.
Es war Sonntagabend, das Mädchenzimmer 102 im Anne-Frank Internat hatte sich nach den Weihnachtsferien wieder versammelt und die Diskussionen über die typischen Probleme eines pubertierenden Mädchens begannen.
Nina saß am Rand, knabberte noch an der Tafel Schokolade die sie sich von zuhause mitgebracht hatte.
Als sie eine Weile den anderen gelauscht hatte, konnte sie ihr Lachen nicht mehr unterdrücken. Sie kicherte, kugelte sich fast auf dem Boden, während Mia, Karla und Maria sie fragend und verwirrt ansahen.
Mia war die erste, die sich wieder fasste und Nina einfach ignorierte. „Das letzte Mal, dass mir ein Kerl auf den Po geschaut hat,  war im Herbst. Und das war mein 4-Jähriger Cousin.“

Wieder mischte sich Nina ein. Sie stand auf, schmiss das Schokoladenpapier in den Müll und meinte: „Und mir gestern Nachmittag, mein Freund zuhause. Denkt mal nach Wieso.“  Sie zwinkerte.
Nina war nicht dünn. Sie war nicht groß, eher kleiner als der Durchschnitt. Ihre Haare waren nicht perfekt, sie war nicht wunderschön.
Nein, Nina war zufrieden.