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Die Tränen laufen ihr die Wangen hinunter, sammeln sich an ihrer Oberlippe. Sie wischt ihre Tränen weg. Ihr Gesicht wird dadurch langsam rötlich. Ihre Haare stehen ab, wirken fettig & ungepflegt, sie riecht ein wenig nach Schweiß, Erde & Gras. Es geht ihr nicht gut, sie weint weiter & weiter & weiter. Sie schluchzt, ihr Brustkorb hebt & senkt sich unter ihrem unregelmäßigen Atem. Ihre Tränen tropfen auf meinen Pullover, machen ihn klamm & feucht. Ich streiche ihr durch die Haare, nehme ihren Kopf zwischen meine Hände & versuche ihre Tränen zu stoppen, versuche ihre Tränen verschwinden zu lassen, versuche die Trauer wegzuwischen, aufzulösen, zu revidieren. Ihre kleinen, dreckigen Hände klammern sich um meinen Hals herum, sie kuschelt sich ganz eng an mich. Mein Hals wird feucht. Ich drücke sie & lasse sie wissen, dass ich bei ihr bin. Sie hört, wie ich auf sie einrede, ihr sage, dass es alles gar nicht so schlimm sei, wie es scheint & dass es auch wieder besser werden wird, irgendwann. Sie ist traurig, weint weiter. Ich werde langsam ungeduldig, fange leicht an, sie anzumeckern. Weinen & Trauer würden doch nun nicht’s bringen, lasse ich sie wissen, aber sie versteht es nicht. Weint nur weiter, lässt ihrem Frust, ihrer Angst freien Lauf. Sie habe es doch nicht gewollt, nicht mit Absicht getan, seufzt sie. Die Tränen lassen ihre Augen schwimmen. Die Tränen hängen zwischen ihren Wimpern, machen ihre Wimpern schwer. Sie solle nun aber aufhören, sage ich ihr, es gebe im Leben nun einmal auch unschöne Dinge, Dinge, die man nicht auslöschen könne, mit denen man leben müsse, die man hinnehmen solle, so wie sie seien. Aber sie schüttelt nur ihren kleinen Kopf, die Haare wackeln ein wenig. Sie stößt sich leicht von mir weg, schaut mir in’s Gesicht. Die Tränen rollen nun auch meine Wange hinunter, denn wenn sie weint muss ich auch weinen. Es berührt mich, das alles. Aber es macht mich auch ein wenig traurig. Sie ist mein Ein & Alles, ich liebe sie so, wie ich nur wenige Menschen liebe, ich mag nicht, dass sie weint. Was sie denn nun tun solle, fragt sie mich leise & mit verheulter, weinerlicher Stimme. Abwarten, sage ich, mehr könne sie im Moment nicht machen. Abwarten. & dann, irgendwann, wenn die Sache schon fast wieder in Vergessenheit geraten ist, solle sie noch einmal darauf zurück kommen, rate ich ihr. Ich spreche ihr gut zu, sage, dass sie es schon schaffen wird, das Abwarten, das Vergessen, das Trauern. Sie wird trauern, sie wird abwarten & vielleicht wird sie auch irgendwann vergessen, denke & hoffe ich. Sie drückt sich wieder an mich, legt ihren Kopf zärtlich an meine Brust, lässt ihre Tränen laufen, wischt sie nicht mehr weg. Sie solle zu dem stehen, was sie tat, sage ich ihr. Sie nickt. Es ist das erste Mal, dass sie an diesem Tag nickt. Es ist schwer für sie, es ist sehr schwer für sie. Die härteste Prüfung ihres Lebens. Ich nehme ihre schmierigen Hände in meine, drücke sie fest & spiele mit ihren kleinen Finger’chen. Ich mache das Radio an, Klaviermusik ertönt, beruhigende Klaviermusik, denke ich bei mir. Sie wiegt ihren Körper & ihren Kopf zum Takt der Musik. Ich küsse sie, küsse die Tränen weg. Sie habe Bauchschmerzen, klagt sie. Sie habe Kopfschmerzen, klagt sie. Es gehe ihr nicht gut, stellt sie fest. Ich nicke, sage nicht’s, was hätte ich auch sagen sollen. Ich drücke sie einfach nur noch fester an mich, hoffe, dass es ihr hilft, meine Nähe zu spüren, mich bei ihr zu haben. Sie sei müde, sagt sie auf einmal. Sie steht auf, schaut mir tief in die Augen. Eine Träne rollt ihre Wange hinunter, an ihrer Nase vorbei, bleibt kurz an ihrer Lippe hängen & tropft auf den Boden. Sie lächelt leicht. Ich lächel zurück. Die Klaviermusik wird schneller, würd düsterer, regelrecht unheimlich. Sie dreht sich um & läuft zu meinem Bett, zieht ihre Kleidung aus & legt sich in mein Bett, kuschelt sich in mein Kopfkissen & schließt die Augen. Die Tränen laufen weiter ihr Gesicht hinunter, machen mein Kissen nass. Ich schaue sie an, summe vor mich hin. Stehe dann auch auf, laufe zu ihr, setze mich auf die Bettkante & streichle ihr Gesicht, zeichne ihre Gesichtszüge mit meinem Finger nach, küsse sie auf die Stirn. Ich sage ihr, dass ich schnell Wasser holen gehen würde, ich hätte Durst, sage ich. Ich verlasse das Zimmer. An der Tür drehe ich mich ein letztes Mal um, schaue sie an, wie sie dort liegt, die Augen geschlossen. Ich höre sie leise atmen. Ich schließe die Tür & verlasse sie.
Im selben Augenblick verlässt sie mich. Verlässt das alles hier. Kurz bevor sie geht, wischt sie noch eine letzte Träne weg. Die letzte Träne.

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