Ich bekam mal wieder Besuch von dem kleinen Männlein, was immer wieder und ständig irgendwo und irgendwann in meinem Leben auftauchte und es bereicherte. Du kennst es sicherlich schon, denn ich schrieb schon das ein um das andere Mal von ihm. Es ist ein interessantes, gutes Geschöpf – stellt Frieden zwischen mir und meiner Kreativität her, zeigt mir, dass mein Leben ein tolles Leben ist. Ich hatte es schon fast wieder vergessen, lebte glücklich in den Tag hinein, ging zur Schule, betrieb Sport. Bis es mich gestern Abend wieder einmal besuchte. Ich war schon um acht Uhr in mein Bett gegangen, weil mein Kopf glühte, mich rote Wangen und Kopfschmerzen plagten. Und da, da kam es an mein Bett gekrochen. Es tauchte wieder einfach so auf, von einer Sekunde auf die nächste und ich wusste wieder einmal nicht, ob es zur Tür oder zum Fenster herein trat, denn es war geschickt, was das Betreten eines Zimmers angeht. Es lächelte, als es mich sah, wie ich in meine Decke eingekuschelt, ein großes Kuscheltier unter dem Arm in meinem Bett lag. Ich lächelte nicht zurück, weil es mich aus meinem schönen, wichtigen Schlaf gerissen hatte – unsanft. „Hallo“, sagte ich mit einer schläfrigen, kehligen Stimme. “Was gibt es denn Wichtiges, dass du mich um diese Uhrzeit wecken musst, mh?“ Es lächelte weiter mit einem breiten Grinsen, von einem spitzen Ohr zu dem anderen. Ich schaute es fragend an, aber es sprach nicht. Es grinste und grinste und grinste und grinste weiter. Dann könne ich ja wohl weiter schlafen, sagte ich, vorwurfsvoll und zischend. Es schüttelte den Kopf. „Kannst du nicht reden, oder was? Bist du heiser?“ Es schüttelte abermals den Kopf, bevor es dann, endlich, Luft holte um Folgendes zu sagen: „Nein, das ist es nicht. Ich kann reden, besser den je. Ich sortiere nur meine wirren Gedanken, die in meinem Kopf ungeordnet herumschwirren. Also warte einen Moment, dann sage ich dir, warum ich dich aufsuche.“ Es lächelte, das Männlein, es lächelte. Ich zog meine rechte Augenbraue hoch, blickte ihm in die Augen und versuchte aus seinem Blick zu ergründen, was es hier wollte und was dieses ganze Spekatkel sollte – aber ich wartete und gab dem Männlein die Zeit, die es brauchte, um in seine Gedanken Ordnung zu bringen, obwohl ich es reichlich verwunderlich fand, dass es diese Zeit überhaupt brauchte, da es mir sonst recht intelligent erschien. Ich wartete also, eine Minute, zwei Minuten, drei Minuten, vier Minuten, fünf Minuten, sechs Minuten, sieben Minuten, acht Minuten. Nach neun Minuten blickte es mich wieder an, denn es hatte wärend der Gedankenordnung auf meinem Teppich gelegen und nach oben an die Decke gestarrt – wie parallelisiert. „Weißt du“, sagte es, „ich mag dich, wirklich, und deshalb ist es mir auch sehr wichtig, dass du mir zuhörst und, dass du meine Ratschläge befolgst und dir dieselbigen zu Herzen nimmst, ist das klar?“ Das alles sagte es in einem sehr forschen, harten Ton. Ich war regelrecht geschockt, da ich nicht wusste, dass das Männlein überhaupt so reden konnte. Als Antwort bekam es von mir nur ein leichtes Nicken. Es sagte, dass es gut sei, dass ich das verstanden hätte, denn es sei ihm wichtig, was aus mir werden würde und da ich ja bald das Abitur schreiben würde und danach mit der Schule abgeschlosen hätte. Wegen dieser Fakten solle ich mir doch bitte mal Gedanken über meine Zukunft machen. Weiterhin erklärte es mir, dass es glaube, dass ich noch nicht so richtig wisse, was ich nach dem Schulabschluss machen solle und, dass er mich nun auf den richtigen Weg führen würde. Ich war erstaunt, hatte ich doch eigentlich etwas ganz anderes, wichtiges erwartet, etwas, was nichts mit meiner Zukunft zu tun hat, da gerade dieses Thema mich in letzter Zeit etwas zu viel beschäftigt hatte und einige meiner Nerven einforderte. Aber das Männlein sorgte sich wirklich um mich, machte sich Gedanken über meine Zukunft, es mochte mich, das hatte es gesagt und das wiederum machte mich irgendwie glücklich, der Gedanke, dass da irgendwer, nein nicht irgendwer, der Gedanke, dass das Männlein sich um mich sorgte. Ich musste lächeln. „Danke!“, sagte ich, „danke, dass du dir so süß Gedanken über mich machst, wirklich. Und du hast Recht, ja, ich weiß nicht, was ich nach dem Abitur machen soll und es ist nett von dir, dass du mir dabei helfen willst, danke.“ Ich lächelte wieder und fügte hinzu, dass ich mich bloß fragte, wie er mir in dieser schwierigen Situation helfen wolle. Denn es war doch recht kompliziert heraus zu finden, was ich eigentlich wollte, später. Was ich zu erreichen hoffe, wo ich einmal stehen möchte in der Gesellschaft. Es schaute mich belustigt an und sagte: „Ich bin das Männlein – mir fällt schon irgendetwas ein, glaub mir!“ Ich grinste, war froh, dass es sich nun um meine Zukunftsvision kümmern würde und ich mir nicht mehr wegen diesem Thema die Haare zu raufen brauchte, nickte noch einmal, kuschelte mich dann wieder in meine Decke, klemmte mir mein Kuscheltier unter den Arm und schlief in den nächsten Minuten ein.
Diesen Text schrieb ich, um meine Angst, meinen Respekt vor der nahenden Zukunft zu verlieren, um daran glauben zu können, dass sich mein Berufswunsch in den nächsten Monaten spezifiziert. Ich hoffe einfach auf so ein Männlein, was wirklich eines Nachts an meinem Bett steht und mir sagt, was ich zu tun habe. Ach, wäre das schön.