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Ja   nein   

Ich schnappe mir meine graue Röhre, ein Top, meine Lederjacke und zieh mich schnell an.
„Mum, hast du meine Vans gesehen?“, rufe ich durch die Wohnung. „Welche meinst du?“, kam genervt zurück. „Die schwarzen, aus‘m Black Box, weißt schon.“ Ich konnte Mums Schluffen auf den Fliesen im Flur hören, als sie zu meinem Zimmer kam. „Meinst du die hier?“, sie hielt mir meine Vans vor die Nase und sah total müde aus. „Ah, ja danke Mum.“ Ich nahm ihr die Vans aus der Hand und schlüpfte rein. „Wohin geht’s denn schon so früh, Ashley?“ Ashley, ich hasse diesen Namen!
„Ich geh zu Paul rüber, wegen morgen alles klären.“
Und schon war ich an ihr vorbei, schnappte meine Schlüssel von der Kommode im Flur und lief die Treppen runter.

„Hey, Ash.“, hörte ich es von irgendwo, aber ich konnte nicht zu ordnen, von wo. Ich drehte mich wie eine Irre um meine eigene Achse, da packte mich jemand an der Schulter und lachte Leise. Genie. „Ach, Hey.“, lächelte ich sie an. „Ich wusste nicht, von wo dein Hey kam.“ „Das hab ich schon gemerkt.“ Wir lachten beide leise. „Bist du alleine hier?“ „Ne, Paul ist nur eben pinkeln. Er wollte ja nicht auf mich hören und zuhause gehen.“, wieder lachten wir beide.


Seit knapp zehn Minuten irrten Paul und ich umher um einen guten Zeltplatz zu finden. Irgendwie war alles anders aufgebaut, als die letzen Jahre – besser.
„Ehy, lass mal den hier nehmen! Die neben an sehen nett aus.“, grinste Paul. Ich sah mir die Leute neben uns an, alles tätowierte und gepiercte Leute, sie sahen wirklich irgendwie nett aus. Und dann, fielen mir die 4 Mädchen auf, die Paul sicher so nett fand. „Okey, lass uns hier bleiben.“, lachte ich leise und schmiss meine Sachen auf den Boden, meine Tasche ging auf und die Kugel an meinem Schlüsselanhänger war wie immer abgefallen und rollte davon. „Ehy, deine Kugel macht sich wieder dünne.“, deutet Paul auf sie. Ich ging ihr nach und hebte sie auf. Ich stand zwischen den Leuten, die neben uns ihr Zelt am aufbauen waren.
„Hey, ich bin Steve“, lachte mir einer entgegen und hielt seine Hand hoch, damit ich einschlagen konnte. „Ash.“, schlug ich ein. „Hey, Leute das ist Ash, sie zeltet glaube ich neben uns.“, grölte er seinen Leuten entgegen. Alle sagten ein Hey und ich lächelte allen entgegen. Scheiße, ich bin einfach zu schüchtern. Ich hatte das Gefühl, mein Gesicht würde knall rot anlaufen, als mich alle ansahen.
„Seid ihr nur zu zweit hier?“, fragte eine tiefe Stimme neben mir. „Ne, da kommen gleich noch mehr, nur sind wir schon mal vor. Paul wollte unbedingt schon früher da sein, einen guten Platz ergattern.“ Er lachte ein raues, süßes Lachen. „Ach und du wurdest gezwungen mit zu kommen?“ „Als beste Freundin kann man das wohl machen“, lachte ich mit „und so kann ich mir nen guten Platz im Zelt ergattern.“ Wir beiden drehten uns zu Paul um, der grade das Zelt versuchte aufzubauen, aber eben nur versuchte. „Ich glaub ich muss mal helfen gehen, bis später.“, lachend verschwand ich zu Paul.

Seit knapp zehn Minuten irrten Paul und ich umher um einen guten Zeltplatz zu finden. Irgendwie war alles anders aufgebaut, als die letzen Jahre – besser.
„Ehy, lass mal den hier nehmen! Die neben an sehen nett aus.“, grinste Paul. Ich sah mir die Leute neben uns an, alles tätowierte und gepiercte Leute, sie sahen wirklich irgendwie nett aus. Und dann, fielen mir die 4 Mädchen auf, die Paul sicher so nett fand. „Okey, lass uns hier bleiben.“, lachte ich leise und schmiss meine Sachen auf den Boden, meine Tasche ging auf und die Kugel an meinem Schlüsselanhänger war wie immer abgefallen und rollte davon. „Ehy, deine Kugel macht sich wieder dünne.“, deutet Paul auf sie. Ich ging ihr nach und hebte sie auf. Ich stand zwischen den Leuten, die neben uns ihr Zelt am aufbauen waren.
„Hey, ich bin Steve“, lachte mir einer entgegen und hielt seine Hand hoch, damit ich einschlagen konnte. „Ash.“, schlug ich ein. „Hey, Leute das ist Ash, sie zeltet glaube ich neben uns.“, grölte er seinen Leuten entgegen. Alle sagten ein Hey und ich lächelte allen entgegen. Scheiße, ich bin einfach zu schüchtern. Ich hatte das Gefühl, mein Gesicht würde knall rot anlaufen, als mich alle ansahen.
„Seid ihr nur zu zweit hier?“, fragte eine tiefe Stimme neben mir. „Ne, da kommen gleich noch mehr, nur sind wir schon mal vor. Paul wollte unbedingt schon früher da sein, einen guten Platz ergattern.“ Er lachte ein raues, süßes Lachen. „Ach und du wurdest gezwungen mit zu kommen?“ „Als beste Freundin kann man das wohl machen“, lachte ich mit „und so kann ich mir nen guten Platz im Zelt ergattern.“ Wir beiden drehten uns zu Paul um, der grade das Zelt versuchte aufzubauen, aber eben nur versuchte. „Ich glaub ich muss mal helfen gehen, bis später.“, lachend verschwand ich zu Paul.
„Ehy, guck mal Ash, die verkaufen Piercings. Ich brauch neue.“ Ohne, dass ich reagieren konnte, zog Paul mich zu irgendeinem Piercingstand. Wie gerne ich ein Piercing hätte, nur erlaubt Mum es nicht so ganz, wegen Granny und Grandpa. Die beiden sind da was strenger. „Ich will auch eins.“, rutschte mir über die Lippen. „Sorry, ne Frage. Stechen sie auch Piercings hier?“ Der Mann am Stand deutete auf einen Vorhang, „klar.“ Wollte Paul jetzt noch ein neues haben? „Ehy, Ash komm. Lass dir doch einfach eins machen. Deine Mum kann eh nichts mehr ändern, wenn du eins hast.“ Wo er recht hatte, hatte er einfach recht. „Aber ich weiß nicht genau was.“ Paul musterte mich und drehte mich zu dem Mann, vom Stand, und einer Frau, die hinter dem Vorhang hervor kam. „Was denken sie, würde ihrem Gesicht am besten stehen?“ Die beiden musterten mich, die Frau gehörte wohl zu dem Mann. „Sie hat ein schmales, schönes Gesicht“, sagte die Frau „vielleicht Snakebites oder aber ein Septum. Ja, beides würde denke ich auch gut aussehen.“ Der Mann stimmte ihr da vollkommen zu. Gut, dass ich mich überhaupt nicht entscheiden konnte. Paul war der Meinung, ich solle beides machen lassen, Snakebites und Septum. –Aber ich hatte Angst vor den Schmerzen. „Tut’s sehr weh?“, fragte ich zaghaft. „Septum tut etwas mehr weh, als Snakebites. Aber du kannst das ja auch in Abständen machen lassen. Nicht alles heute.“ Die Idee gefiel mir. „Okey, dann bitte Snakebites.“ „So soll es sein.“ „Können sie mir auch direkt Ringe rein machen?“, ich war eindeutig der Meinung, dass Ringe besser aussehen.

„Oh, nenn mich nicht Jenny.“, tönt von der Bühne, während Genie und ich wie wild durch die Gegend springen und Jennifer Rostock genießen. Ich liebe diese Band einfach, genauso wie Genie, sobald ein Konzert von Jennifer Rostock in der Nähe ist, sind wir beide zur Stelle.
„Hey.“, tönt wieder die tiefe Stimme von heute Morgen neben mir. Mir fällt ein, ich kenne nicht mal seinen Namen. „Hey.“, lächel ich ihn an. „Heute Morgen, hattest du die aber noch nicht, oder?“, er deutete verwundert auf meine Unterlippe. „Ne, die hab ich vorhin machen lassen.“ „Steht dir gut.“ „Danke.“ Genie guckte uns von der Seite an. „Ach, das ist Genie, sie zeltet nicht weit von uns.“ Er grinst ihr zu. „Hey, ich bin Jo.“ Genie stupst mir leicht in die Seite. Sie will mir sagen, dass er gut aussieht. Da sagt sie mir nichts Neues.
„Ihr mögt also Jennifer Rostock?!“ Wir beide lachen im Chor „Mögen ist vollkommen untertrieben.“ Er lacht mit. „Ja, die Band ist schon geil. Ich wollte demnächst auf ein Konzert gehen, aber dann fiel mir ein, dass sie ja hier auf dem Festival sein würde.“ Er sah verdammt heiß aus, als er so leise grinste.
Er fing plötzlich an, genauso wild zu springen, wie Genie und ich. Auch dabei sah er heiß aus.
Wir verbrachten den ganzen Tag noch zusammen, Genie verabschiedete sich irgendwann und sagte mir noch, dass ich dran bleiben solle, Jo scheint mich zu mögen – sagte sie. Um ehrlich zu sein, hoffte ich, sie habe recht.
Die ganze Nacht saßen wir an einem kleinen Feuer, das wir zwischen ihren Zelten und unseren gemacht hatten. Paul hatte einen guten Platz ausgesucht. Wirklich gut.
„Erzähl mir was von dir, Ash.“ Was sollte ich Jo schon großartiges erzählen? Natürlich wollte ich auch mehr über ihn erfahren, wir liefen jetzt bereits seit zwei Tagen zusammen durch die Gegend und ich wusste nicht viel von ihm. Nur seinen Namen, dass er Jennifer Rostock mochte, rauchte und gerne mal was ordentliches trinkt. „Was möchtest du denn wissen?“, fragte ich ihn einfach. „Zum Beispiel, was das für ein Buch ist, was du ab und zu raus kramst, wenn du still wo sitzt. Ich mein, das ist auf einem Festival ja nicht grade typisch.“ Er hatte Recht und ich wusste, dass er mein Buch ansprechen würde. Das tun die Meisten. „Naja, das ist sowas wie ein Tagebuch, aber kein wirkliches. Ich schreibe jetzt nicht rein ‚Liebes Tagebuch, heute habe ich…blablabla‘. Es ist ..anders.“ Er sah mich neugierig an. „Inwiefern anders?“ „Naja, ich schreibe meine Gedanken rein, in kleinen Texten. So was wie ..Gedichte, nur ein wenig anders und es reimt sich auch nicht.“ Er lachte leise, mir wurde klar, was ich grade für einen Stuss geredet hatte. „Und wieso machst du das?“ Ich stockte. Sollte ich ihm sagen, wieso ich das machte? Vielleicht würde es ihn erschrecken? Aber nein, das würde es wohl nicht.
Ich nahm mir eine Zigarette und zündete sie mir an, nahm einen Schluck von meinem Bier und zog einmal kräftig. „Naja, ich habe damit angefangen, als ich 13 geworden bin. Mein Vater hat sich damals umgebracht. Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht wieso er das getan hat. Er hat nur einen Brief geschrieben in dem stand ‚Es tut mir leid, ich liebe euch.‘ damit meinte er meine Mutter und mich. Sie glaubt, es lag daran, dass er immer mehr Schulden machte, keine bessere Arbeit fand – uns nicht alles bieten konnte. Nun ja und jetzt sitzen meine Mutter und ich auf einem Berg Schulden, haben kaum Geld und meiner Mutter geht es richtig schlecht durch all dem.“ Er nimmt einen Schluck von seinem Bier. „Krass, das tut mir leid.“ „Muss es nicht, aber danke.“ Er musterte mich ein wenig von der Seite, so als würde ihm auffallen, dass mir eine Träne die Wange runter kullert, obwohl er nur meine andere Gesichtshälfte sehen kann. „Liest du mir was vor?“, fragte er leise. „Ich weiß nicht..“, noch nie hatte ich jemandem aus meinem Buch vorgelesen, aber irgendwie vertraute ich Jo, er wirkte der Art nett und ..wunderbar. Ich stand auf, holte das Buch aus meiner Tasche, im Zelt, und ließ mich wieder auf die Decke neben ihm nieder. „Bist du sicher?“, fragte ich noch einmal, als ich mein Buch auf schlug. Es fiel schon fast auseinander, seit drei Jahren schleppe ich es jetzt schon mit mir rum, viele kleine Zettel lagen zwischen den Seiten. Zettel die ich vollschrieb, wenn ich mal mein Buch vergessen hatte, was mir zu Anfang andauernd passierte. „Ja, sicher.“ „Na gut.“ Ich suchte nach einem bestimmten Text. Da war er.

„Du hältst den Atem an. Schließt die Augen. Vergisst alles um dich herum. Alles was zählt, bist du und der Wind. Du nimmst den Wind war, der um dich herum weht. Dir deine Haare hoch wirbelt. Du gehst einen Schritt zurück um Anlauf zu nehmen. Läufst los. Und Springst. Springst in etwas Ungewisses. In etwas dir unbekanntes. Machst dir keine Gedanken was dich erwartet. Du lässt dich einfach vom' Wind tragen. Die Klippe runter, bis zur Erde. Dort wo du landest, mit dem wissen, dort zu bleiben. Für immer. Der Wind, der dich getragen hat, wird schwächer. Du näherst dich dem Boden. Dem Ende. Jede einzelne Erinnerung aus deinem Leben holt dich ein. Für einen Moment genießt du das Leben. Bis zu dem Moment, wo alles endet.“

Für einen Moment sitzen wir beide stumm da und starren in das Feuer, ich spüre wie sich sein Blick von dem Feuer abwendet und zu mir schwankt. „Aus welchen Gedanken heraus, hast du das geschrieben?“ „Soll ich ehrlich sein? – Ich saß auf einem Baum, ziemlich weit oben, dachte an Selbstmord.“ Er sah mich an, als könnte er in meine Seele gucken. Es war, als würde das gegröle um uns herum verstummen, auch wenn es das nicht tat. Plötzlich fühlte es sich an, als wären nur er und ich hier. So ehrlich, war ich noch zu niemandem. Aber bei Jo, da war es, als könnte ich ihm alles anvertrauen.
Er schob seine ganzen Festivalbänder ein Stück hoch. Narben, da waren Narben, direkt neben den Tattoo‘s. „Einige sind schon unter den Tattoo’s verschwunden. Und die anderen werden das auch noch.“
Eine ganze Weile erzählte er mir, was bei ihm die Ursache war. Er wurde von seinem Vater geschlagen, durch weg von allen in seinem Umfeld runter gemacht. Damals, sagte er, war er richtig fett, wurde deswegen gemobbt, bis er abgenommen hatte, bis er dieser heiße Junge wurde, der jetzt hier neben mir saß. Er wechselte die Schule und fing neu an, dort kannte ihn niemand. Plötzlich war alles anders. Die Leute mochten ihn. Die Mädchen waren ihm alle hinterher. Und geschlagen wurde er auch nicht mehr, seine Mutter trennte sich von seinem Vater. „Scheiße, was Aussehen alles aus macht.“, sagte er als letztes. Dann küsste er mich.


Als er da so lag, dachte ich mir, dass ich es ihm sagen sollte, alle sagen immer, dass das für Jungs etwas ganz großes ist. „Ich ..hab das noch nie gemacht.“, kullerte leise über meine Lippen, mit einem Hauch von gelalle. Wir waren beide angetrunken, oder ein wenig mehr. „Wirklich nicht?“ „Nein, wirklich nicht.“
Ehe ich mich versah, lag ich nackt unter ihm, in seinem abgetrennten Zeltabteil. Es war schön.

Ich kam gerade aus dem Piercingsstudio, mit meinem frisch gestochenen Septum, als ich auf der anderen Straßenseite Jo sah. Das Festival war gerade knapp zwei Wochen her, seitdem hatte ich nichts mehr von ihm gehört. Seine Nummer habe ich nicht, er meine auch nicht. Zwischen, Alkohol, Musik, Zigaretten und Sex war das wohl unter gegangen.
Ich ging zu ihm. „Hey.“ Diesmal sprach ich ihn von der Seite an, nicht er mich. „Hey, Ash.“, lächelte er mich an, nachdem er sich zu mir gedreht hatte. „Was treibt dich denn her?“, fragte er. Gerade als ich antworten wollte, kam er mir zuvor. „Ach, ich seh schon. Septum, machen lassen?!“ „Ja, genau. Ich konnte es nicht mehr wirklich abwarten.“ „Steht dir gut.“ „Danke.“ Wie er dort so vor mir stand, mich anlächelte, wurde mir bewusst, dass ich mich verliebt hatte. Ich hatte mich in diesen unglaublich heißen Jungen verliebt.
„Schatz?“, hörte ich eine klare, recht hohe Stimme von der Seite. Ein blondes Mädchen kam auf uns zu, sie stellte sich neben Jo. Sie war nicht ganz so groß wie er, aber nicht gerade klein – dennoch kleiner als ich. Was keine Kunst war, wenn man wie ich, fast 1,80m ist. Die meisten Mädchen sind kleiner als ich. „Schatz, das ist Ash. Ash, das ist meine Freundin, Mara.“ Ich presste ein Hey zwischen meinen Lippen hervor, während sie arrogant zu mir herauf lächelte und Hey säuselte. Sie war ganz anders als Jo, sie erinnerte mich mehr an diese Barbiepuppen. Das lag nicht an ihren blonden Haaren, es war ein schönes, mattes, helles Blond. Es war fast das Selbe blond, wie meine Haare hatten.
Plötzlich fing es leicht an, in mir zu brennen. Mir wurde bewusst, das zwischen Jo und mir, das war nur eine dieser Festival Sachen. Diese Sex-Geschichten. Paul hatte recht mit dem, was er immer über Festivals sagte. „Was auf einem Festival passiert, bleibt auf dem Festival.“
Ich wollte es nicht mit ansehen, mit ansehen, wie sie dort in seinem Arm stand, mich arrogant von unten anstarrte und falsch grinste. Ich ließ die beiden einfach dort stehen, ohne ein weiteres Wort zu verlieren.

„Lass mal dein Piercing sehen, Ash.“, kam von Mum aus dem Wohnzimmer, als ich die Tür ins Schloss fallen ließ. „Steht dir sehr gut, tat es sehr weh?“ „Ach es ging.“, sagte ich während ich dachte, dass andere Dinge viel mehr weh tun, wenn Herzen brechen, zum Beispiel. „Wenn wir dann zu Granny fahren, drehst du das aber bitte rein, reicht mir schon, dass sie wegen den Ringen ausgeflippt sind.“ „Klar, war ja so abgemacht.“
Ich ging in mein Zimmer, schob die Vans von meinen Füßen, kickte sie in irgendeine Ecke, nahm das Jennifer Rostock Album aus meiner Anlage und legte irgendeine CD ein, drehte sie voll auf und schmiss mich auf mein Bett. Tränen, ganz viele Tränen, liefen über meine Wangen, auf das Kissen.
Als ich meinen Kopf hob und auf mein Handy sah, zeigte es mir an, dass wir bereits Mitternacht hatten. Geisterstunde, sagte Dad früher immer, als ich noch klein war. Ich stand auf, packte meinen Schlüssel, Portemonnaie, Zigaretten und mein kleines Buch in eine Tasche. Kramte meine Vans aus der Ecke heraus, zog meine Lederjacke über und schlich mich leise raus. Mum schlief auf dem Sofa. Ich klebte ihr einen Post-it auf den Spiegel, über der Kommode im Flur. ‚Bin noch mal schnell unterwegs, mach dir keine Sorgen. Hab dich lieb, Ash.‘ Vermutlich würde sie eh nicht wach werden, bevor ich wieder zuhause bin, aber falls doch, dann wüsste sie Bescheid.
Da war er, der große Baum, der Baum auf dem ich damals das erste Mal über Selbstmord nach dachte. Alle Erinnerungen kamen wieder hoch, während ich den Baum rauf kletterte. Ich setzte mich auf den dicksten Ast, den ich dort oben finden konnte. Der Wind hier oben war stärker, als unten und dennoch war es nicht sonderlich kalt. Meine Haare flogen durch den Wind, ein schönes Gefühl. Ich fragte mich, ob es ebenso ein schönes Gefühl ist, wenn man springt?
Ich kramte mein Buch heraus. Schlug eine freie Seite auf, es war die letzte im Buch.
„Man nimmt sie alle wahr, jedes Geräusch. Ein Auto das über die Straße fährt, Vögel die zwitschern, Regen, der auf den Boden prasselt. Doch es gibt ein Geräusch, dass nimmt niemand wahr. Wenn es bricht, wenn ein Herz bricht. Es bricht still in deiner Brust, niemand hört es. Du selbst hörst es nicht. Es bricht einfach, zwei Hälften schweben in deiner Brust und du fragst dich, ob dieser Schmerz noch einmal endet. Doch er vergeht nicht.“
„Mein Herz brach zum zweiten Mal. Das erste Mal, das habe ich Dad zu verdanken, damals als er uns einfach im Stich ließ, und das zweite Mal, dass habe ich nun dir zu verdanken Jo.“, flüsterte ich leise vor mich hin. Es tat weh, Jo wirkte so ehrlich, als würde er ernsthaft meinen, was er auch sagte. Doch das tat er nicht. Alles was ich für ihn war, das war ein Mädchen mit dem er auf dem Festival Spaß haben konnte. Festivals eben.

Ich suchte die ganzen Straßen nach einer kleinen weiß, braunen alten Villa ab. Jo sagte mir, dass er dort drin im alten Stadtteil zu finden sei. Nach einer Stunde fand ich sie, sie war ganz am Ende der Straße, dort wo man so ziemlich als letztes hin kam. Würde ich von unserer Wohnung aus zu ihm gehen, würde ich 5 Minuten brauchen, doch so brauchte ich eine Stunde. Ich war von der anderen Seite gekommen.
Ich kramte mein Buch heraus, riss die letzte Seite heraus, faltetet sie einmal in der Mitte über, schrieb auf die Rückseite ‚Für Jo.‘, damit sie ihn auch erreichte und warf sie in den Briefkasten.
Gerade, als ich gefühlte hundert Meter von seinem Haus entfernt war, rief jemand meinen Namen. „Ash, bleib doch stehen.“, ich traute mich nicht umzudrehen. Zu gut kannte ich diese Stimme, aber ich wollte ihr nicht gegenüber stehen. Doch sie rief immer wieder, dass ich stehen bleiben solle. Ich tat so, als würde ich es nicht hören, ging etwas schneller, doch die Stimme wurde immer lauter. Sie kam näher. Eine Hand griff nach meinem Arm, um mich zum stehen zu bringen. Mir liefen Tränen über die Wangen. Ungewollt, wurde ich gedreht. Mein Blick fiel in Jo’s große braune Augen. „Geh nicht, vorher muss ich dir etwas geben.“ Er drückte mir einen Zettel in die Hand. Es war der Zettel aus meinem Buch, den ich ihm in den Briefkasten geworfen hatte. Verwirrt sah ich ihn an. „Oh, der Falsche.“ Leise musste ich grinsen. Er nahm ihn mir wieder aus der Hand und gab mir einen anderen. Ein ziemlich zerknaudertes Stückchen Papier, aus einem kleinen  Block gerissen. „Ich habe nach dem Festival angefangen alles aufzuschreiben, genau wie du. Bitte lies es, bevor du jetzt gehst.“
Leise entfaltete ich das zerknauderte Stück Papier und las es mir durch.
„Irgendwann kommt man dort an, wo man nie dachte an zu kommen. Der Ort, wo man sich wohl fühlt, als wäre so gut wie alles perfekt. Wo schnulzige Schmetterlinge fliegen. Bei dem Menschen, den man aufrichtig liebt.“ Immer wieder las ich diesen kurzen Text. Er war süß. Er war, typisch Jo, mit einem Hauch mehr Weiblichkeit. Ich blickte auf, sah ihm in die Augen. „Ich weiß, es klingt ..schnulzig, aber es ist so. Ash? Ich habe mich in dich verliebt.“ Ich fing an zu weinen, sackte auf den Boden nieder. Er kniete sich zu mir. „Alles okey?“, fragte er besorgt. „Verarsch mich nicht, Jo.“, weinte ich. „Ich verarsche dich nicht, Marie und ich haben Schluss, die eine Nacht, mit dir und mir im Zelt – sie war wunderbar. Nicht nur der Sex, nein, auch wo du mir alles erzählt hast, ich wusste, du bist meine zweite Hälfte.“ Ich musste leise lachen, weil er so schnulzig redete. Wir küssten uns. Mein Handy klingelte, eine Nachricht. „Ich kanns nicht lesen.“, sagte ich zu Jo und drückte es ihm in die Hand, damit er es mir vorlas. Ich war zu verheult. „Tu‘ das nicht, Ash! Ich brauche dich, ich und deine Mum auch! Bitte Ash, bring dich nicht um.“ Erschrocken fiel mir ein, dass ich Paul geschrieben hatte. Ich hatte ihm geschrieben, dass ich nicht mehr könne, allem ein Ende setzen würde. Mich bedankt, dass er so ein wunderbarer Freund war und gesagt, das ich ihn sehr lieb habe. „Das hattest du nicht vor, oder?“, fragte Jo total erschrocken. Ich machte meine Tasche auf, nahm eine Schachtel Schlaftabletten heraus und hielt sie ihm vor die Nase. Er nahm sie, holte aus und warf sie ganz weit weg. „Ich liebe dich, Ash.“ „Ich liebe dich auch, Jo.“



Meine Augen wurden immer schwerer, ich gähnte ihn an, küsste ihn. Hauchte „es tut mir leid.“ Verwirrt fragte er, was mir leid täte, aber eine Antwort schaffte ich nicht mehr.
Ein schmerzfreier, einfacher Tot. So wie ich es immer haben wollte.

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